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Dienstag, 22. Februar 2011

Shyamalan-Reihe

Mit dem Kino der letzten zehn Jahre bin ich nur unzureichend vertraut, aber auch hier haben sich im Verlauf der 2000er einige Namen bei mir eingebrannt, an denen man zurzeit (wohl) nicht vorbeikommt. Ob das nun Takashi Miike war (mein Gott, wie wurde man da zum Dekadenwechsel mit verrückt gemacht), Takeshi Kitano, Gaspar Noé, Aronofsky, Nolan, Anderson oder eben Shyamalan. Diese Namen, und noch mehr, die mir gerade nicht einfallen, sollten die Zukunft, die Erneuerung, das so noch nicht Dagewesene sein. Ob davon viel übrig geblieben ist, vermag ich im Moment nicht zu sagen. Daher wende ich meine übliche Taktik an und versuche mein Glück in der Retrospektive.

(Un-)Eindeutige Dichotomien
Mit UNBREAKABLE - UNZERBRECHLICH hat Shyamalan für mich den inhaltlich interessanteren, aber im Vergleich mit seinem Vorgänger, THE SIXTH SENSE - DER SECHSTE SINN, weniger stimmigen Film abgeliefert. Die Geschichte um den phlegmatischen Sicherheitsbeamten David Dunn, der sich seiner Verantwortung nicht stellen möchte, seine übernatürliche Gabe verleugnet und deshalb in seiner Footballkarriere, seiner Ehe und seiner Vaterrolle versagt hat, birgt das bekannte Potenzial gängiger Superheldengeschichten, deren Subtext hier in Form einer gediegenen, entschleunigten und stilistisch genau durchkomponierten Inszenierung an die Oberfläche geholt werden soll. Sein Pendant, Elijha Price, dessen Knochen im Gegensatz zu denen David Dunns sehr zerbrechlich sind, ist dann auch ein begeisterter Anhänger von Comic-Alben und hat seine Passion aus der Kindheit in die Welt der Erwachsenen transferiert: er ist Galerist für Comic-Kunst. Dies ist nun nicht die einzige Form, in der Price versuchen wird die Welt in seinem Sinne auf ihn vorzubereiten bzw. sie zu formen. Er möchte mit David nicht nur einen Superhelden schaffen, der erst mal zu sich selbst finden muss, sondern auch er möchte dadurch zu sich selbst finden.

Elijah lebt in einem Gefängnis
Shyamalans Geschichte arbeitet die Gut-/Böse-Dichotomie an sich gut auf und schafft dann sogar durch die Langsamkeit von Kamerafahrten und Montage ihre Verknüpfung, Verschmelzung gar, spürbar werden zu lassen. Schwarz und weiß bedingen sich, scheinen sogar voneinander erschaffen und obwohl schwarz (böse) und weiß (gut) auf den ersten Hingucker erkennbar sind, erkennen wir durch das überraschende Ende wie schwer sie sich trennen lassen. Eine Allianz fürs Leben, um diesen alten Werbeslogan zu zitieren. Das geht sogar so weit, dass man erkennt, dass körperlich zwar David Dunn "unbreakable" ist, aber mental ist es Elijah, von den Kindern spöttisch Mr. Glass bezeichnet. Und so fällt dann am Ende auch eine einfache Gut-/Böse-Zuordnung in sich zusammen und die tiefe Tragödie Elijahs wird erkennbar und David bleibt der weinerliche Jammerlappen, der sich bei kleinsten Widerständen in sein Schneckenhaus zurückzieht.

Ein langer Schwenk auf vorwurfsvolle Blicke. Hitchcocks Schuldmotiv wird zitiert
Warum lässt mich das nun doch alles so kalt? Die Frage habe ich mir einige Tage gestellt. Als ich UNBREAKABLE - UNZERBRECHLICH damals bei seinem Neuerscheinen sah, glaubte ich, er habe noch einiges an Potenzial. Jetzt, zehn Jahre später, ist eigentlich nichts Neues an Erkenntnis hinzugekommen. Die so viel beschriebenen Kamerafahrten, Farbcodierungen und Schnittreduktionen erhalten mit der Zeit etwas zwanghaftes, dem ich mich unterordnen muss und die Zwänge, in denen Shyamalan sich mit seinem eingleisigen Stil befindet, den er mit Konsequenz verwechselt, lassen bei mir das Unwohlsein entstehen, einen etwas weinerlichen Gestus im Film zu erkennen. Das ist unabhängig von Shyamalans Persona, die ich nicht kenne bzw. mir öffentliche Äußerungen seinerseits unbekannt sind. Der Film weint, aber nicht wirklich. Der Film thematisiert, aber nicht wirklich. Der Film ist Behauptungskino, aber nicht wirklich. Der Film ist eine Hülle, die viel zu erzählen, aber wenig zu sagen hat. Schade.

Zaghafte und viel zu kontrollierte Strukturöffnung. Die Zwänge Shyamalans

8 Kommentare:

  1. Eine interessante und nachvollziehbare Kritik... Ich mag den Film eigentlich sehr, gestehe aber, mich jedesmal von den Bildern und Regie-Ideen überrumpeln zu lassen. Dass er viel zu erzählen, aber wenig zu sagen habe, ist mglweise auch ein Problem anderer Filme des Regisseurs. Auch bei dem jüngst nochmals gesehenen THE HAPPENING (3. Sichtung) war ich wieder ausgiebig mit der Aufschlüsselung von Strukturen beschäftigt, inhaltlich habe ich aber keinen Mehrwert zu den vorherigen Betrachtungen mitnehmen können. Runtergebrochen ist auch das eine eigentlich sehr einfache, hier passend: (kindlich-) naive (?), moralische Geschichte.

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  2. @mono.micha: Es IST ein Problem des Regisseurs, weshalb er auch von den meisten mit Häme begossen wird. Mir verursacht er sogar die Krätze. ;)

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  3. off-topich, aber da ich sonst keinen anderen Platz finde: Danke für's Verlinken auf meinen Blog - ich habe mich umgehend revanchiert :)

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  4. Ich habe zu danken. Mir gefällt nicht nur der Stil Deiner Besprechungen, sondern auch die Gedanken, die sie enthalten. Auch wenn ich bei so manchem eine andere Meinung vertrete, erkenne ich bei Dir Diskussionswillen. Trotz anders lauternder Behauptungen Deiner "Fans".;)

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  5. auch off-topic:

    "Trotz anders lautender Behauptungen Deiner "Fans".;)" --- Details! Wir wollen Details! ;)

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  6. "Ich brauche mehr Details."

    "Das ist Ihre Meinung."

    "Schreiben Sie's auf. Ich beschäftige mich später damit."

    (DIDI - DER DOPPELGÄNGER)

    Der ideale Ratgeber wie man in jedem Unternehmen in einer Führungsposition durchkommt. :))

    Ansonsten einfach bei Hitmanski im Blog nachgucken.;)

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  7. @ Whoknows

    Bezieht sich nur auf die kleine Zitatensammlung auf meinem Blog, die jeden Monat aufs Neue die lustigsten Vorwürfe wiedergibt :)

    @ Außenseiter
    Dankeschön, so etwas hört man ja immer gerne. Ich werde mich in den nächsten Tagen auch einmal ein bisschen durch dein Archiv hindurchlesen; und vor allem auf die Fortsetzung der Shyamalan-Reihe bin ich gespannt. Ich bin kein großer Freund seiner Filme, aber trotzdem glaube ich, dass man ihn zu oft auf die immer gleichen Kritikpunkte reduziert, und seinem Schaffen so nicht wirklich gerecht wird.

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  8. @Whoknows: Da magst du recht haben. Alle anderen Ebenen, die Film neben seiner reinen Aussage aber auch und vor allem (für mich) ausmachen, reichen mir dennoch aus, seinen Filmen mit Interesse zu begegnen.

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